«Der technologische Wandel passiert jetzt, nicht irgendwann»

Die Hunziker Betatech AG mit Hauptsitz in Winterthur wagt mit dem humanoiden Roboter Plix den Schritt in die Zukunft. Geschäftsführer Benjamin Lüthi erklärt im Interview, weshalb das Bauingenieurunternehmen den Einsatz von Robotik prüft – und warum der Mensch auf der Baustelle trotzdem unersetzbar bleibt.

Herr Lüthi, Plix ist nicht irgendein Show-Roboter, sondern Teil Ihres Teams. Was genau ist seine Aufgabe?
Benjamin Lüthi: Plix ist einer von bisher ganz wenigen, kommerziell verfügbaren humanoiden Robotern, der derzeit im Swiss Cobotics Competence Center in Biel trainiert wird. Er soll lernen, sich im Raum zu bewegen, Hindernissen auszuweichen, auf Kommandos zu reagieren – und das möglichst autonom. Unsere Idee ist es, nicht einfach eine technische Spielerei zu haben, sondern live mitzuerleben, was heute mit Robotik möglich ist – und was eben noch nicht.

Was kann Plix heute schon?
Er geht über verschiedene Unterlagen, kann Menschen gezielt folgen, reagiert auf unebenes Terrain und lernt kommunizieren. Das sieht auf den ersten Blick einfach aus, ist aber technisch hochkomplex. Es ist nicht ein ferngesteuertes Auto, das auf Kommando der Steuerung genau definierte Aktionen ausführt. Die Freiheitsgrade eines humanoiden Roboters sind ungleich grösser. Beispielsweise verändert das Tragen von grösseren Lasten den Körperschwerpunkt bereits so, dass Bewegungen erneut «trainiert» werden müssen.

Benjamin Lüthi ist Geschäftsführer der Hunziker Betatech AG.

Welche Rolle soll Plix in Zukunft einnehmen?
Heute begleitet er uns vor allem im Forschungs- und Entwicklungsumfeld. Perspektivisch könnte er Aufgaben übernehmen, für die Menschen schwer zugängliche, unhygienische oder gefährliche Orte betreten müssten: Unterirdische Bauwerke inspizieren, Schadstellen dokumentieren, Reinigungsarbeiten durchführen oder Messdaten sammeln. Das ist natürlich noch Zukunftsmusik, aber diese Praxisnähe ist wichtig.

Warum investieren Sie als Bauingenieurunternehmen in ein solches Projekt, das eher nach IT klingt?
Der technologische Wandel passiert jetzt, nicht irgendwann. Und er wird auch die Baubranche verändern. Wenn wir heute keine Erfahrung sammeln, werden wir morgen den Anschluss verlieren. Damit meine ich übrigens nicht nur die Robotik, sondern auch Bereiche wie Digitalisierung, Datenmanagement, Machine learning oder KI.


Wie verändert sich das Bauwesen durch solche Technologien?
Langfristig wird es – so meine optimistische Sichtweise - effizienter, datengetriebener, anschaulicher und sicherer. Aber auch technologisch vernetzter und komplexer. Um dabei nicht anfälliger zu werden, ist Voraussetzung, dass die digitalen Grundlagen stimmen: strukturierte Daten, einheitliche Schnittstellen, verlässliche Prozesse. Da liegt noch ganz viel Potenzial brach, um es einigermassen positiv zu formulieren.

Wird Plix eines Tages Menschen auf der Baustelle ersetzen?
Nein. Mindestens in absehbarer Zeit nicht. Plix zeigt uns täglich, wie wichtig menschliches Denken, Handeln und Improvisieren weiterhin sind. Das wird sich auch so schnell nicht ändern. Eine Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter zwar heute für verschiedene Anwendungen. Im Bereich der Humanoiden Robotik braucht es dafür noch mehr Zeit.


Interview: Linda Stratacò, August 2025