«Wir bilden Lernende aus und investieren somit in zukünftige Fachkräfte»

Das Biomechanik-Unternehmen Zimmer Biomet hat im vergangenen Jahr die meisten Lehrstellen in der Region Winterthur geschaffen. Dafür hat das Unternehmen vor zwei Wochen den Lehrstellenschafferpreis 2021, verliehen von House of Winterthur, bekommen. Wir haben uns mit dem Geschäftsführer von Zimmer Winterthur Eduard Fischer und dem Polymechaniker-Lernenden Janis Früh zum Gespräch getroffen. Im Interview geht es um den Standort Winterthur, Investitionen in die Zukunft und die Auswirkungen von Corona.

Herr Fischer, herzliche Gratulation zum Lehrstellenschafferpreis 2021. Wie viele neue Lehrstellen hat die Zimmer Switzerland Manufacturing GmbH per Ende Juli 2021 geschaffen?
Eduard Fischer: Wir haben aktuell 60 Lernende am Standort Winterthur. Insgesamt sind im letzten Jahr 26 neue dazugekommen. Diese Zahl halten wir immer relativ stabil, es sind pro Jahr mal zwei mehr oder weniger – aber in Summe beschäftigen wir immer etwa 60 Auszubildende.

Wie ist das Lehrlingswesen bei Ihnen organisiert?
Eduard Fischer: Wir arbeiten mit dem Ausbildungszentrum Winterthur, dem AZW, zusammen. Vom AZW bekommen wir jährlich Vorschläge, wie viele Personen überhaupt für uns in Frage kommen. Auch kommt es bei uns intern darauf an, wie viele neue Mitarbeitende wir effektiv übernehmen können, sodass deren Betreuung sichergestellt ist.

26 neue Lehrstellen hat die Zimmer Switzerland Manufacturing GmbH am Sitz in Winterthur im vergangenen Jahr geschaffen. Dafür wurde sie mit dem Lehrstellenschafferpreis 2021 ausgezeichnet.

Bild: KMU Forum Winterthur/Tania Rotondaro

Die Lernenden «kommen» also vom AZW. In welchen Berufen sind die Lernenden bei Ihnen hauptsächlich tätig?
Eduard Fischer: Die meisten der Lernenden sind Polymechaniker, wie Herr Früh. Diese verbringen ihr drittes und viertes Lehrjahr bei uns. Ansonsten beschäftigen wir auch viele KV-Lernende.

Herr Früh, Sie haben sich vor zwei Jahren für die Ausbildung zum Polymechaniker entschieden, wieso?
Janis Früh: Tatsächlich habe ich lange eine Lehrstelle gesucht. Mir war klar, dass ich einen technischen Beruf erlernen möchte. Als mir mehrere Personen aus meinem Umfeld die Lehre als Polymechaniker empfohlen hatten, habe ich diesen Weg gewählt. Ich habe mir den Beruf bei sechs Schnupperlehren angeschaut und er hat mir sehr gut gefallen. Der Beruf ist extrem vielseitig und eine hervorragende Grundlage für verschiedenste Wege, die man in der Zukunft einschlagen kann.

Sie sprechen von der Zukunft. Haben Sie schon konkrete Pläne für die Zeit nach Ihrer Ausbildung?
Janis Früh: Nein, die habe ich noch nicht. Das Militär steht auf jeden Fall noch an. Ob ich anschliessend weiterarbeiten oder die Berufsmittelschule in Angriff nehmen möchte, weiss ich noch nicht. Bei Zimmer gefällt es mir aktuell sehr gut, ich könnte mir deswegen auch vorstellen, hier zu bleiben. Generell ist Oberwinterthur, wegen der hier ansässigen Industrie, ein super Standort für Polymechaniker.

Herr Fischer, ist es üblich, dass die Lernenden nach Ende der Ausbildung auch im Betrieb bleiben?
Eduard Fischer: Ja, das ist üblich. Normalerweise übernehmen wir rund 50 Prozent aller Lernenden. Jedes Jahr schauen wir, wie viele Mitarbeitende uns altersbedingt verlassen werden. Das ist dann eines der Entscheidungskriterien, welches bestimmt, wie viele Auszubildende wir am Ende des Jahres auch tatsächlich einstellen.  

Bei Ihnen am Standort Winterthur sind fast 1000 Personen beschäftigt, 60 davon sind Lernende. Was ist der Mehrwert, wenn Sie so viele Leute ausbilden?
Eduard Fischer: Da gibt es zwei Faktoren, die wichtig sind: Zum einen sind wir uns als einer der grössten Arbeitgeber in der Region unserer sozialen Verpflichtung bewusst. Dieser möchten wir gerecht werden und jungen Menschen die Möglichkeit geben, bei uns in ihren beruflichen Werdegang einzusteigen. Auf der anderen Seite stehen wir im internationalen Wettbewerb und möchte durch unsere Lernenden sicherstellen, dass wir gute Fachkräfte haben. Das zeichnet auch den Standort Winterthur und eigentlich auch den Standort Schweiz aus: Wir beschäftigen gut ausgebildete Menschen und generieren dadurch Wettbewerbsvorteile. Indem wir bei Zimmer Lernende ausbilden, investieren wir in zukünftige Fachkräfte, die uns im Idealfall später auch noch erhalten bleiben.

Der Polymechaniker-Lernende Janis Früh könnte sich auch nach seiner Ausbildung vorstellen, in der Region Winterthur zu arbeiten.

Kommen wir auf ein anderes Thema zu sprechen: Die Corona-Pandemie. Herr Früh, wie hat Corona ihre Lehre bisher beeinflusst?
Janis Früh: Ich habe meine Ausbildung im Sommer 2019 begonnen, einen Grossteil meiner Lehre habe ich also in der Pandemie verbracht. Besonders der erste Lockdown hatte grosse Auswirkungen auf meine Ausbildung, denn auch wir mussten mehrere Wochen zuhause bleiben. Für uns wäre es sehr wichtig gewesen, an den verschiedenen Maschinen zu arbeiten und zu lernen. Stattdessen mussten wir mit Theorieordnern arbeiten. Besonders bei den Teilprüfungen wurde die fehlende Arbeitspraxis augenscheinlich, die Noten waren bei allen entsprechend tiefer, als in den vorherigen Jahren. Uns haben schlichtweg die Handfertigkeiten an den Maschinen gefehlt. Im zweiten Lockdown war es schon viel besser, wir konnten normal im Betrieb arbeiten, natürlich unter den geltenden Schutzkonzepten.

Herr Fischer, wie hat Zimmer Biomet die Pandemie bisher erlebt?
Eduard Fischer: Auch wir haben wegen Corona Einbussen gehabt, wobei das Ganze sicherlich weniger stark ausgeprägt ist, als in anderen Branchen. Nichtsdestotrotz litten und leiden wir auch jetzt noch darunter, dass geplante Operationen wegen Corona verschoben oder teilweise ganz ausgesetzt wurden.

Für Zimmer-Winterthur-Geschäftsführer Eduard Fischer generiert die Ausbildung von Lernenden Wettbewerbsvorteile für das Unternehmen.

 

Welche aktuellen Themen beschäftigt das Unternehmen neben der Pandemie?
Eduard Fischer: Im administrativen Bereich machen wir den Wandel vom Anwesenheitsprinzip zum Homeoffice durch. Damit einhergehend bauen wir aktuell das gesamte Gebäude um. In Zukunft werden wir keine persönlichen, sondern flexible Arbeitsplätze haben. Das entspricht viel mehr den heutigen Bedürfnissen.

Ist dieser Wandel durch die Pandemie gekommen?
Eduard Fischer: Die Pandemie war nicht der ausschlaggebende Faktor, denn solche Ideen gab es bei uns schon vorher. Corona hat das Ganze aber bestimmt beschleunigt. Die Pandemie hat uns aufgezeigt, dass wir unseren gesamten Standort, die Produktion ist hier natürlich ausgeschlossen, so aufbauen können. Die Zeit, in der alle im Homeoffice waren, haben wir genutzt, um dieses neue Konzept zu erarbeiten.

Läuft die Umsetzung des Konzeptes schon? Was sind die Rückmeldungen der betroffenen Angestellten?
Eduard Fischer: Die meisten sind positiv. Diejenigen, die schon unter dem neuen Konzept arbeiten, sind überaus glücklich. Sie schätzen die neue Freiheit und sind dankbar, dass wir diesen Weg eingeschlagen haben. Viele merken einfach, dass sie durch dieses neue System viel mehr Freiheiten haben und flexibler arbeiten können. Man kann sich völlig frei einteilen, wann man im Büro und wann man von zuhause aus arbeitet. Diese Umstellung hilft uns ausserdem auch, als Arbeitgeber attraktiv zu bleiben.

Interview: Linda Stratacò, Oktober 2021